Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) ist am 1. Januar 2024 vollständig in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, die durch Rechtsprechung, Praxis und Rechtswissenschaft vorangetriebene Entwicklung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) durch eine grundlegende Reform der entsprechenden Regelungen (§§ 705 ff. BGB a.F.) nachzuzeichnen. Das Ziel dieser Reform ist es, die rechtlichen Bedürfnisse von Gesellschaften und Gesellschaftern besser zu erfüllen und die GbR den Anforderungen der Praxis anzupassen. Zwei zentrale Neuerungen sind hierbei die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR sowie die Abschaffung des Gesamthandprinzips.
Seit dem 1. Januar 2024 wird das Gesellschaftsvermögen daher nicht mehr den einzelnen Gesellschaftern, sondern der Personengesellschaft selbst zugeordnet (§ 713 BGB n.F.).1. Gesetzliche Neuerungen für die OHG und die KG
Im Gegensatz zu den umfassenden Änderungen für die GbR bringt das MoPeG für die Offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) eher punktuelle Neuerungen. Einige Änderungen zur rechtsfähigen GbR (eGbR) sind über Verweisungsnormen des Handelsgesetzbuchs (HGB) auch auf die OHG und die KG anwendbar (vgl. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB). Hierzu zählen beispielsweise das Sitzwahlrecht und die gesetzliche Regelung zur „actio pro socio“, die es einem Gesellschafter erlaubt, in eigenem Namen Rechte der Gesellschaft geltend zu machen.
Eine spezifische Änderung, die ausschließlich für die OHG und die KG gilt, betrifft das neue Beschlussmängelrecht. Dieses Recht orientiert sich am aktienrechtlichen Modell und unterscheidet nun zwischen der Nichtigkeit und der Anfechtbarkeit fehlerhafter Beschlüsse.
Nur noch besonders schwerwiegende Fehler im Zusammenhang mit der Beschlussfassung sollen zur Nichtigkeit eines Beschlusses führen. Bei weniger gravierenden Mängeln muss der betroffene Beschluss von den Gesellschaftern mittels einer Anfechtungsklage angefochten werden. Diese Klage ist grundsätzlich innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Bekanntgabe des Beschlusses gegenüber dem Gesellschafter zu erheben. Diese Frist kann im Gesellschaftsvertrag verlängert oder verkürzt werden, muss jedoch mindestens einen Monat betragen.
Darüber hinaus erlaubt das MoPeG nun auch Angehörigen freier Berufe, sich in den Rechtsformen der OHG und der KG zusammenzuschließen. Insbesondere die Gründung einer GmbH & Co. KG könnte für Freiberufler unter diesen neuen Rahmenbedingungen von Interesse sein, da diese Gesellschaftsform eine flexible Haftungsbeschränkung ermöglicht und steuerliche Vorteile bieten kann.2. spezifische Anpassungen für die KG
Zusätzlich zu den allgemeinen Änderungen bringt das MoPeG spezifische Anpassungen für die Kommanditgesellschaft (KG) mit sich. Ein wichtiger Punkt ist die Stärkung der Rechte der Kommanditisten, also der nicht persönlich haftenden Gesellschafter. Diese haben nun ein verstärktes Recht auf Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist. Dabei muss im Rahmen einer Abwägung das Informationsinteresse der Kommanditisten das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft überwiegen.
Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Unterscheidung zwischen Haftsumme und Einlage der Kommanditisten. Diese Differenzierung war bisher nicht immer eindeutig aus dem Gesetzestext hervorgegangen. Nun wird klargestellt, dass die Haftsumme, die die Haftung der Kommanditisten gegenüber den Gläubigern begrenzt, im Handelsregister eingetragen werden muss. Die Einlage hingegen betrifft das Innenverhältnis zwischen der KG und ihren Kommanditisten und wird nicht im Handelsregister erfasst.
Die Einheits- GmbH & Co. KG wird erstmals ausdrücklich im HGB erwähnt. Für die Willensbildung in dieser Gesellschaftsform enthält § 170 Abs. 2 HGB nun eine Sonderregelung. Nach dieser Regelung werden die Rechte der Kommanditgesellschaft in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-Kapitalgesellschaft von den Kommanditisten wahrgenommen. Diese Regelung soll die bisherigen Schwierigkeiten bei der Willensbildung in der Einheitsgesellschaft beheben, wo bislang die Geschäftsführer der Komplementärin (GmbH) alleine die Gesellschafterversammlung der KG bildeten, was die Kontrolle und Abberufung der Geschäftsführer erschwerte.
Eine weitere spezielle Regelung für die KG ist in § 179 HGB enthalten, die insbesondere für die GmbH & Co. KG relevant wird. Diese Vorschrift ermöglicht die Sanierung der Gesellschaft im Falle einer gleichzeitigen Insolvenz sowohl der KG als auch ihres einzigen persönlich haftenden Gesellschafters. Falls die KG nur einen Gesellschafter hat und über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, scheidet dieser nicht als Gesellschafter aus der KG aus, sofern auch über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist oder werden könnte.3. Auswirkungen des MoPeG auf bestehende Gesellschaften
Die Frage stellt sich, welche Auswirkungen die neuen Regelungen des MoPeG auf Gesellschaften haben, die bereits vor seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2024 gegründet wurden.
Grundsätzlich gilt, dass die neuen Bestimmungen umfassend auch auf bereits bestehende Gesellschaften anwendbar sind; der zeitliche Anwendungsbereich des MoPeG ist nicht auf neu gegründete Gesellschaften beschränkt. Soweit in Gesellschaftsverträgen, die vor dem 1. Januar 2024 geschlossen wurden, keine von den neuen gesetzlichen Regelungen abweichenden Bestimmungen getroffen wurden, kommt das neue Recht vollumfänglich zur Anwendung. Sollten jedoch die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages von den neuen gesetzlichen Regelungen abweichen, ist zu prüfen, ob diese vertraglichen Abweichungen zulässig sind. Abweichungen vom Gesetz sind grundsätzlich zulässig, es sei denn, das Gesetz schließt solche ausdrücklich aus, wie zum Beispiel bei den Informationsrechten der Kommanditisten oder der „actio pro socio“.
Besonderes Augenmerk ist auch auf mögliche Eintragungspflichten von GbRs zu legen, die bereits vor Inkrafttreten des MoPeG gegründet wurden und Rechte an in öffentlichen Registern geführten Vermögensgegenständen besitzen. Künftig muss die GbR selbst (und nicht mehr ihre Gesellschafter) als Rechtsträgerin in das Grundbuch, das Schiffs- oder Handelsregister sowie in GmbH-Gesellschafterlisten eingetragen werden. Dies setzt jedoch voraus, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist.4. Fazit
Das MoPeG führt zu bedeutenden Änderungen im deutschen Personengesellschaftsrecht, insbesondere im Bereich der GbR und mit spezifischen Anpassungen für die OHG und die KG. Während für die GbR zahlreiche neue Regelungen eingeführt wurden, bleiben die Änderungen für die OHG und die KG eher punktuell und betreffen vor allem die Willensbildung und Informationsrechte. Gesellschaften, die vor dem 1. Januar 2024 gegründet wurden, müssen ihre Gesellschaftsverträge überprüfen und gegebenenfalls an die neuen gesetzlichen Anforderungen anpassen.
Für Altgesellschaften, insbesondere für GbRs, die Rechte an in öffentlichen Registern geführten Vermögensgegenständen halten, kann das neue Recht zu zusätzlichen administrativen Anforderungen und Anpassungen führen. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die neuen Regelungen in der Praxis bewähren und welche weiteren Entwicklungen im Personengesellschaftsrecht in den kommenden Jahren zu erwarten sind.