Am 22. November 2024 fand der erste Verhandlungstermin im KapitalanlegerMusterverfahren unter anderem gegen die Wirecard AG und die EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) statt. Aufgrund des großen Interesses wurde die Verhandlung in die Wappenhalle des ehemaligen Flughafens München-Riem verlegt. Die Rechtsanwältinnen Radtke-Rieger und Wenzelewski sind für die von Ihnen vertretenen Beteiligten Kläger vor Gericht aufgetreten. Daneben waren auch weitere Rechtsvertreter und zahlreiche Pressevertreter sowie betroffene Wirecard-Anleger anwesend, um sich ein Bild vom Prozessauftakt zu machen.
Der Verhandlungstag war überwiegend von formalen Diskussionen geprägt. Ein Antrag der Prozessvertreter des Musterklägers, der die Zuständigkeit des BayObLG infrage stellte, wurde nach kurzer Beratung abgelehnt; das Gericht bestätigte seine Zuständigkeit. Anschließend erörterte die Vorsitzende Richterin ausführlich die Zulässigkeit der einzelnen Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses. Dabei führte sie aus, dass bei diversen Feststellungszielen die Bestimmtheit fraglich ist. Zudem wurde die zentrale Frage beleuchtet, ob das Musterverfahren gegen EY überhaupt zulässig ist. Zur Beantwortung dieser Frage kommt es darauf an, ob die von EY ausgestellten Bestätigungsvermerke als öffentliche Kapitalmarktinformationen im Sinne des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) gelten und somit überhaupt Gegenstand eines solchen Verfahrens sein können.
Trotz dieser formalen Hürden ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen. Es liegen zahlreiche ergänzende Schriftsätze mit erweiterten Feststellungszielen vor, über die noch entschieden werden muss. Das Gericht sprach von etwa 2.500 weiteren Feststellungszielen. Ein erster Verkündungstermin wurde für den 28. Februar 2025 anberaumt, bei dem über das weitere Vorgehen entschieden werden soll. Es ist mit einer Reihe von Folgeterminen zu rechnen, um die zusätzlichen Feststellungsziele zu erörtern.
Obwohl der erste Verhandlungstag für viele Anleger aufgrund der dominierenden Formaldiskussionen enttäuschend war, gab es einen positiven Aspekt: Die Vorsitzende Richterin forderte die Vertreter von EY auf, Gespräche über eine gütliche Einigung aufzunehmen. Dies kann als Hinweis darauf gewertet werden, dass die Klagen der Anleger auch aus Sicht des Gerichts nicht aussichtslos sind. Bislang zeigt sich EY jedoch noch nicht verhandlungsbereit, so dass noch mit einem jahrelangen Andauern des Musterverfahrens zu rechnen ist.